Evias bringt Nachhaltigkeit auf Schiene

Matthias Landgraf, Gründer von Evias und Experte für nachhaltige Eisenbahninfrastruktur, spricht im Interview über die Entwicklung seines Unternehmens seit der Teilnahme am Social & Green Business Gründungsprogramms des Social Business Hub Styria. Er erklärt, wie Evias dazu beiträgt, die Effizienz im Schienenverkehr zu steigern und Umweltwirkungen zu reduzieren. Im Gespräch gibt er Einblicke in die Herausforderungen der nachhaltigen Mobilität, die Bedeutung gesellschaftlichen und ökologischen Handelns im Unternehmertum und seine Erfolge bei der Implementierung nachhaltiger Kriterien in Ausschreibungen.

Was macht Evias bzw. du und was ist die Entstehungsgeschichte und Motivation dahinter?

Matthias Landgraf: Mein Unternehmen heißt Evias und ist eine Beratungsagentur: Ich habe mich an der TU Graz rund 12 Jahre mit dem Eisenbahnwesen beschäftigt – dort gibt es ein Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft – und nach sechs Jahren habe ich mich intensiv mit den ökologischen Aspekten des Systems Bahn auseinandergesetzt. Als Bauingenieur sehe ich großes Potenzial, CO2-Emissionen und andere Umweltwirkungen in der Bahn-Infrastruktur zu reduzieren. Ich wollte die Forschung in die Praxis umsetzen und habe deshalb Evias gegründet, um als Beratungsunternehmen den Bahnen (z.B. ÖBB, schweizerische Bundesbahn, deutsche Bahn) und Unternehmen, die Schienen produzieren, zu helfen, die Bahn umweltverträglicher zu machen und die bereits recht grüne Bahn noch grüner zu gestalten.

Social & Green Entrepreneurs haben gesellschaftliche, ökonomische & ökologische Ziele gleichwertig im Geschäftsmodell verankert. Wie sieht das bei Evias konkret aus?

Matthias Landgraf: Mein Fokus liegt auf ökologischen Aspekten der Bahninfrastruktur. Ich helfe Bahngesellschaften und Unternehmen, nachhaltiger zu werden und Umweltwirkungen in der Infrastruktur zu reduzieren. Beispielsweise unterstütze ich die ÖBB dabei, Umweltwirkungen in Ausschreibungen zu berücksichtigen und helfe der Deutschen Bahn, ihre Infrastrukturprojekte klimafit zu machen. Ich setze mich in Gremien und Netzwerken ein, um das Thema voranzubringen und praktische Lösungen zu entwickeln.

Welche Herausforderungen im Bereich der nachhaltigen Mobilität stehen derzeit im Fokus von Evias, und wie gehst du diese an?

Matthias Landgraf: Zwei Herausforderungen stehen im Fokus: Einerseits die inhaltliche Komponente, effizienter zu sein, die Kapazität zu steigern und Umweltwirkungen zu verringern. Andererseits die Meinungsmache, um Aufmerksamkeit auf die ökologischen Aspekte der Bahninfrastruktur zu lenken. Die Bahn ist gesamtheitlich gesehen die nachhaltigste motorisierte Mobilitätsform, benötigt dafür aber natürlich auch Infrastruktur, die mit Emissionen verbunden ist. Manchmal wird darüber in der Bahnbranche eher ungern geredet. Aber gerade in diesem Bereich haben wir eben noch sehr viel Entwicklungspotenzial und dort, wo man viele Emissionen findet, sehe ich es eher als Chance und Herausforderung, diese dann zu reduzieren. Es geht darum, die Infrastruktur nachhaltiger zu gestalten und Emissionen zu reduzieren, ohne das Thema zu verschweigen.

Kannst du vielleicht anhand von einem Projekt erzählen, wie es konkret aussieht, wenn Evias durch Beratungsleistung dem Unternehmen in Richtung nachhaltige Infrastruktur helfen konnte?

Matthias Landgraf: Bei Bahnen gibt es zwei Themengebiete, die ich sehr stark bearbeite: In Österreich habe ich geholfen, Umweltwirkungen als Kriterium in Ausschreibungen zu etablieren. Die ÖBB berücksichtigt jetzt Umweltwirkungen neben den Kosten über den gesamten Lebenszyklus in jeder Ausschreibung. Das ermöglicht eine Auswahl von Produkten nicht nur auf Basis der Materialkosten, sondern auch auf Basis der Umweltkosten, wie CO2-Äquivalente. In Deutschland führen wir für die Deutsche Bahn Klima Checks für Infrastrukturprojekte durch. Dabei werden Treibhausgasemissionen berechnet und Anpassungen an den Klimawandel in der Planungsphase berücksichtigt. Das ist wichtig, weil man in der Planungsphase noch Veränderungen vornehmen kann, um die Projekte klimafitter zu machen.

Nach Deiner Erfahrung in der Praxis – wie passen gesellschaftliches / ökologisches Handeln und Unternehmertum zusammen?

Matthias Landgraf: Sehr gut. Erfolgreiches Unternehmertum sollte immer gesellschaftliche und ökologische Aspekte berücksichtigen. Es ist wichtig, dass auch große Unternehmen Schritt für Schritt zu Social Enterprises werden. Startups haben natürlich einen kleinen Impact im Vergleich zu großen Unternehmen, daher ist es besonders wichtig, dass auch große Unternehmen ihre Rolle erkennen und Maßnahmen ergreifen.

Wie hat sich Evias seit dem Abschluss des Social & Green Business Gründungsprogramms entwickelt? Welche wichtigen Meilensteine konntest Du seitdem erreichen?

Matthias Landgraf: Ich bin sehr zufrieden. Es haben sich spannende Themen aus Kooperationen ergeben, die bereits vorher noch aus meiner Zeit an der Uni in Gesprächen waren. Ich bin jetzt im Scientific Steering Committee von Europe’s Rail, dem EU-weiten Förderprogramm für Bahnprojekte in Europa. Das ist eine perfekte Basis, um Lobbyarbeit zu betreiben und die Themen voranzubringen. Persönliche Meilensteine waren wichtig für mich, um zu klären, was ich möchte, wohin ich will und wie evias größer werden kann. Meine Homepage werde ich überarbeiten, da ich heute eine klarere Vision habe als damals. Weitere neue Projekte entwickeln sich gut.

Inwiefern hat Deine Teilnahme am Social Business Hub Styria Gründungsprogramm Evias geholfen, die digitale und nachhaltige Effizienzsteigerung im Schienenverkehr voranzutreiben?

Matthias Landgraf: Das Gründungsprogramm hat mir geholfen, erste Aufträge und Kooperationen zu sichern, die aus meiner Uni-Zeit stammen. Es hat mir ermöglicht, meine Vision zu schärfen und ein klares Bild zu entwickeln, wohin ich will. Die Unterstützung und das Mentoring haben mir geholfen, die Effizienz im Schienenverkehr zu steigern, indem ich praktische Lösungen zur Reduzierung von Umweltauswirkungen in der Infrastruktur entwickelt habe. Besonders wertvoll war vor allem auch der persönliche Austausch mit den Mentor·innen und den anderen Start-Ups, die in gänzlich unterschiedlichen Branchen auch mit sehr ähnlichen Herausforderungen konfrontiert waren.

Zur Website: www.evias.at

Im Social & Green Business Gründungsprogramm unterstützen wir wirkungsorientierte Startups für 12 Monate kostenfrei im Aufbau ihres Unternehmens. Wenn du auch an einer Teilnahme am Gründungsprogramm interessiert bist erhältst du >>hier weitere Informationen dazu, wie du dich bewerben kannst und was dich im Gründungsprogramm erwartet.

Das Interview entstand im Rahmen eines mehrmonatigen Studierendenprojektes des Lehrveranstaltungskurses “Change Management and Learning for Sustainability” der Karl Franzens Universität Graz, das gemeinsam mit dem Social Business Hub Styria durchgeführt wurde. Die Studierenden Elisa Fuchs, Caroline Schulze, Lena Poths, Lara Maria Krenn beschäftigen sich mit dem Thema Social & Green Entrepreneurship und wie man mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit auf wirkungsorientiertes Unternehmertum aufmerksam macht.




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