„Technologie braucht gesellschaftliche Verankerung“ – Andrea Höglinger, Vizerektorin für Forschung an der TU Graz, engagiert sich als Testimonial für Social Entrepreneurship
Andrea Höglinger, Vizerektorin für Forschung an der TU Graz, ist neues Testimonial für Social & Green Entrepreneurship. Im Gespräch mit ihr beleuchten wir die Bedeutung von gesellschaftlicher Innovation für die TU Graz, die Rolle von Start-ups in der Lösung von gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen und warum an der TU Graz die „Nachhaltigkeit mit am Tisch“ sitzt.

Andrea, du bist seit 2023 Vizerektorin für Forschung an der TU Graz. Erzähl uns kurz: Wie verlief dein Weg dorthin?
Andrea Höglinger: Ich komme ursprünglich aus der Sozial- und Wirtschaftswissenschaft und habe meine Karriere in der außeruniversitären Forschung begonnen – unter anderem beim Zentrum für soziale Innovation, das ich mitgegründet habe. Dort haben wir früh betont: Technologische Innovation braucht soziale Innovation. Später habe ich mich intensiv mit europäischer Forschungspolitik beschäftigt, war viele Jahre bei der FFG tätig – und bin nun mit großer Freude an der TU Graz.
Was bedeutet gesellschaftliche Innovation für eine technische Universität?
Andrea Höglinger: Eine TU trägt nicht nur Verantwortung für exzellente Forschung und Lehre, sondern auch für die Gesellschaft. Wir müssen Technologien verständlich machen, ihre Auswirkungen erklären und die Menschen mitnehmen. Das beginnt bei MINT-Aktivitäten im Kindergarten und reicht bis zur Technikfolgenabschätzung in der Forschung. Wer Technik studiert, kann aktiv zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen – etwa im Klimaschutz.
Du sprichst mit viel Überzeugung – war das Thema gesellschaftlicher Impact immer schon Teil deiner Arbeit?
Andrea Höglinger: Es hat sich entwickelt – besonders durch meine Arbeit auf europäischer Ebene. Dort habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Forschung nicht nur exzellent, sondern auch wirkungsvoll zu gestalten. Wirkung kann vieles bedeuten: gesellschaftlicher Nutzen, wirtschaftliche Relevanz, internationale Sichtbarkeit. Für mich ist die Frage „Welche Wirkung erzeugt Forschung?“ zentral.
Wie stark ist dieser Nachhaltigkeitsgedanke bereits im Denken von Forscher·innen an der TU Graz verankert?
Andrea Höglinger: Sehr stark. Die TU Graz ist eng mit Unternehmen vernetzt, und Nachhaltigkeit ist in vielen Bereichen ein zentrales Thema – von alternativen Antrieben über nachhaltiges Bauen bis hin zur Sensorik. Unsere Research Centers arbeiten zunehmend mit Nachhaltigkeitsfokus – nicht nur wegen der Förderlandschaft, sondern auch aus persönlicher Überzeugung.
Wie wird das strategisch verankert?
Andrea Höglinger: Nachhaltigkeit sitzt bei uns buchstäblich mit am Tisch. Wir haben an der TU Graz einen eigenen Vizerektor für Nachhaltigkeit – Michael Monsberger – der als Teil des Rektorats bei allen strategischen Entscheidungen mitwirkt. Das Thema ist also institutionell verankert. Zudem fördern wir gezielt junge Forschende mit Anschubfinanzierungen für nachhaltige Projekte. Unsere Einheit „Science, Technology and Society“ unterstützt dabei, gesellschaftliche Aspekte systematisch in die Forschung zu integrieren.
Wie lässt sich unternehmerisches Denken konkret mit den technischen Disziplinen an der TU Graz verknüpfen?
Andrea Höglinger: Das ist Teil unserer DNA. Mit dem Forschungs- und Technologie-Haus und dem Science Park Graz haben wir starke Strukturen, um Gründungen zu unterstützen. Viele Start-ups aus der TU Graz haben gesellschaftlichen oder ökologischen Fokus – etwa in der Medizintechnik oder der Präzisionslandwirtschaft. Wir sehen, dass junge Menschen zunehmend nachhaltig denken – und wir schaffen die Rahmenbedingungen, damit sie ihre Ideen umsetzen können.
Nun beobachten wir ja auch, dass junge Menschen heute zunehmend nachhaltig denken. Spiegelt sich das auch in den TU-Start-ups wider? Und wie groß ist generell die Rolle gesellschaftlicher und ökologischer Innovation im Technologietransfer?
Andrea Höglinger: Start-ups leisten einen wichtigen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen. Technologische Entwicklungen tragen zur Ressourcenschonung und Effizienzsteigerung bei – sei es durch Energieeinsparung, Prozessautomatisierung oder Präzisionslandwirtschaft. Ein Beispiel ist der Einsatz von Drohnen und Sensorik, um den Wasserbedarf von Pflanzen zu überwachen oder frühzeitig Schädlingsbefall zu erkennen. Auch die Medizintechnik spielt eine Schlüsselrolle: Das TU-Start-up Tyromotion entwickelt robotikgestützte Therapiegeräte für Menschen mit Bewegungseinschränkungen und schafft damit direkten gesellschaftlichen Mehrwert. Unsere Einheit „Science, Technology and Society“ begleitet Forschungsprojekte, um gesellschaftliche Fragestellungen von Beginn an systematisch zu integrieren. Technologie sollte stets im Kontext von gesellschaftlichen Bedürfnissen und ethischer Verantwortung gedacht werden.
Glaubst du, Technologie kann die Menschheit retten?
Andrea Höglinger: Nicht allein. Viele Forscherinnen und Forscher sind persönlich überzeugt und wollen mit ihrer Arbeit zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen. Gleichzeitig ist Nachhaltigkeit natürlich auch im wissenschaftlichen und politischen Diskurs stark verankert – das spiegelt sich in den Förderprogrammen wider. Technologie kann viel – aber sie braucht soziale Innovation, Akzeptanz und verantwortungsvollen Umgang. Besonders bei Themen wie Künstlicher Intelligenz sehen wir, wie wichtig ethische Reflexion und gesellschaftlicher Dialog sind. Wir brauchen sowohl zielgerichtete Forschung – etwa im Rahmen der EU-Missionen – als auch ergebnisoffene Grundlagenforschung. Beides ist essenziell.
Vielen Dank für das Gespräch, Andrea. Es war inspirierend zu sehen, wie du und die TU Graz gesellschaftliche Verantwortung und technologische Exzellenz miteinander verbinden. Wir freuen uns, dich als Testimonial für Social & Green Entrepreneurship gewonnen zu haben!
Andrea Höglinger: Danke euch – ich freue mich, Teil dieser Mission zu sein!