Melanie Haas – Landwirtschaft neu gedacht: Zwischen Tradition, Innovation und Social Media

Ein Gespräch mit der Farmfluencerin Melanie Haas über moderne Landwirtschaft, Mythen und Mut zur Veränderung

Melanie, schön, dass du heute bei uns bist. Du bist Farmfluencerin, Agrarscout, Diplom-Ingenieurin, ehemalige Lehrerin – und vor allem: leidenschaftliche Bäuerin. Erzähl uns doch zu Beginn ein wenig über dich und deinen Weg in die Landwirtschaft.

Melanie Haas: Danke für die Einladung! Ich bin 30 Jahre alt, komme ursprünglich aus dem Murtal in der Obersteiermark und lebe heute mit meinem Partner und seiner Familie im Almenland in Passail. Gemeinsam bewirtschaften wir einen vier Generationen umfassenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit rund 50 Ochsen, einer Schafherde, Freilandhühnern, Christbäumen, zwei Eseln und einer Alm. Ich betreibe auch „Schule am Bauernhof“ und bin auf Social Media aktiv, um Wissen über Landwirtschaft zu vermitteln.
Mein Weg war nicht ganz klassisch: Ich habe eine HLW besucht, mich auf Ernährung spezialisiert und dann an der BOKU in Wien Agrar- und Nutztierwissenschaften sowie Agrar- und Umweltpädagogik studiert. Trotz der Zeit in der Stadt war für mich immer klar: Mein Herz schlägt für die Landwirtschaft.

Du bist Teil der Farmfluencer – was genau steckt hinter diesem Begriff?

Melanie Haas: Die Farmfluencer sind ein Netzwerk von 25 jungen Bäuerinnen und Bauern aus ganz Österreich. Wir zeigen auf Social Media authentisch, wie Landwirtschaft heute wirklich aussieht – jenseits von Klischees und Werberomantik. Unser Ziel ist es, Mythen aufzudecken, Wissen zu vermitteln und das Bewusstsein für regionale Lebensmittel zu stärken. Wir öffnen sprichwörtlich die Stalltüren und zeigen, wie Qualität entsteht.

Du sprichst von Mythen – kannst du uns ein Beispiel geben?

Melanie Haas: Ein Klassiker ist die Werbung mit dem kleinen Schwein, das ewig süß bleibt. In der Realität muss ein Betrieb wirtschaftlich arbeiten – Tiere wachsen, werden gemästet und geschlachtet. Das gehört dazu. Oder der Mythos, dass Kühe immer auf der Weide sein müssen. Bei 30 Grad liegen sie lieber im kühlen Stall mit Futter und Wasser. Tierwohl bedeutet nicht immer das, was man sich romantisch vorstellt.

Du bist auch pädagogisch aktiv. Was passiert bei „Schule am Bauernhof“?

Melanie Haas: Ich möchte Kindern und Jugendlichen Landwirtschaft erlebbar machen. Von Kindergarten bis Oberstufe passe ich mein Programm individuell an. Wir sprechen über Futtermittel, machen Parcours mit Schubkarren, erkunden Wiesen und Kräuter, und verkosten am Ende Apfelsaft oder Kräuteraufstrich. Besonders spannend ist, dass auch Kinder vom Land oft nicht mehr wissen, woher Lebensmittel kommen. Das zeigt, wie wichtig diese Arbeit ist.

Wie wirtschaftet ihr auf eurem Hof?

Melanie Haas: Wir sind im Nebenerwerb tätig, aber mit einem breiten Standbein. Unsere Haupteinnahmequelle sind die Ochsen, die wir über das Qualitätsfleischprogramm ALMO vermarkten. Die Schafe pflegen unsere Steilflächen, die Lämmer werden ebenfalls verkauft. Christbäume verkaufen wir im Winter, Eier und Apfelsaft direkt ab Hof. Die Esel sind vor allem für die Schule am Bauernhof da – ein Highlight für die Kinder.

Innovation ist ein großes Thema – wie definierst du das für dich?

Melanie Haas: Innovation ist für mich nicht nur Technik. Es geht auch um kreative Vermarktung, Diversifikation und transparente Kommunikation. Wir müssen langfristig denken – ich habe zum Beispiel Obstbäume gepflanzt, die erst in Jahren Ertrag bringen. Das ist auch ein Beitrag für die nächste Generation. Und ja, wir sind Allrounder: von der Produktion über Marketing bis zur Kundenkommunikation.

Was wünschst du dir von der Gesellschaft?

Melanie Haas: Mehr Wertschätzung für österreichische Produkte und differenzierte Betrachtung. Unsere Standards sind hoch, aber oft wird die gesamte Landwirtschaft über einen Kamm geschoren. Aufklärung ist der Schlüssel – und genau das versuchen wir Farmfluencer zu leisten. Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Sie verdienen Respekt.

Und wie entstehen neue Ideen bei euch?

Melanie Haas: Durch Austausch, Mut und Weiterbildung. Wir müssen uns regelmäßig fortbilden, treffen Gleichgesinnte, tauschen uns aus. Auch innerhalb der Farmfluencer sind echte Freundschaften entstanden. Ich habe zum Beispiel aus unserer Schafwolle Schuheinlagen gemacht – daraus entstand ein Austausch mit Bäuerinnen aus ganz Österreich. Das ist gelebte Innovation.

Melanie, vielen Dank für das inspirierende Gespräch!

Melanie Haas: Vielen Dank für die Einladung!

>>HIER GEHT ES ZUM GSCHUAHOF VON MELANIE HAAS

Dies ist eine gekürzte und redigierte Fassung des vollständigen Gesprächs mit Farmfluencerin Melanie Haas. Die ungekürzte Version können Sie in unserem >>Podcast „Social Entrepreneurship – Unternehmerische Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen“ in den Teilfolgen SE 47 – 48 nachhören.