Chocolatier Josef Zotter unterstützt Awareness-Kampagne für Social & Green Entrepreneurship
Mit Josef Zotter konnte der Social Business Hub Styria den international anerkannten Schokoladenhersteller, erfolgreichen Social Entrepreneur und steirischen „Andersmacher“ als Testimonial für die „Wir retten die Welt! Bist du dabei?“-Kampagne gewinnen. Im folgenden Gespräch erklärt er, warum das Streben nach schnellem Wachstum zum Stolperstein werden kann, warum in jeder Idee ein Zauber steckt und warum der Begriff „Start-up“ neu gedacht werden sollte.
Was stimmt mit unserer Wirtschaft nicht?
Josef Zotter: In unserer Wirtschaft stimmt nur eines nicht: Wir sind total programmiert auf ewiges Wachstum. Jetzt fürchten sich alle vor einer Rezession, denn das würde ja bedeuten, dass wir ein bisschen zurückfallen werden. Die Wahrheit ist aber, dass wir uns das wünschen sollten. Wollen wir eine Wirtschaft, die einen Sinn hat, dann müssten wir sie eigentlich bewusst zurückfahren. Sicher kann man sagen, dass man in Afrika, in China oder in Indien noch wachsen kann, nur wenn die alle so wachsen wie wir, dann ersticken wir sowieso.
Als Unternehmer ist auch oft Mut gefragt. Was war Ihre mutigste Entscheidung?
Die mutigste Entscheidung war, dass wir uns 1999 total auf Schokolade konzentriert haben. Weil davor hatten wir eine Konditorei, die Pleite gegangen ist. Wir standen dann vor der Entscheidung, ob wir uns auf den sanierten Betrieb oder die Schokolade konzentrieren sollten. Sich auf Zweites zu konzentrieren war riskant, hat sich aber letztendlich bezahlt gemacht. Ohne die Unterstützung meiner Frau wäre das aber nicht möglich gewesen.

Wie wird man erfolgreicher Chocolatier?
Ich habe damals den Prozess erfunden, dass man Schicht für Schicht übereinanderlegt. Für mich ergab das einen besseren Geschmack und im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass diese Fertigung auch sehr effizient ist. Damit habe ich heute ein Produkt am Markt, für das die Menschen auch bereit sind, den Preis zu bezahlen.
Geht es heutzutage eigentlich überhaupt ohne Innovation?
Man muss das Rad nicht neu erfinden, aber vielleicht gibt es einen Weg, der effizienter ist. Auch hier stellt sich die Frage, wann der Plafond erreicht ist. Aktuell ist alles voll mit Apps, aber irgendwann wir es auch einmal genug davon geben. Die Herausforderung ist immer eine Nische zu finden und etwas Neues zu finden, was Menschen anspricht. Wir haben eine Vielfalt von Schokoladesorten und durch diese Vielfalt treffen wir natürlich ein breites Spektrum. Es gibt Leute, die befassen sich mit Insekten als Nahrungsmittel der Zukunft. Der andere sagt, um Gottes Willen wie grausig ist das? Wir bieten das trotzdem an. Das ist jetzt kein „must have“. Aber ich glaube an den Zauber einer Idee. Wenn man eine Idee umsetzt, dann passieren manchmal Wunder, manchmal kann eine Idee aber auch ein „Bauchfleck“ sein.
Nachhaltigkeit ist aktuell ein ganz großes Thema. Ist man als Unternehmen noch konkurrenzfähig, wenn man sich dem Thema nicht wirklich widmet?
Ich habe früher oft Vorträge in Weltläden gehalten und bin dort sozial und nachhaltig denkenden Menschen begegnet. Und der Ablauf war immer der gleiche. Wir haben uns zwei Stunden die Seele wund geredet, was wir alles machen und wie super das ist. Aber am Schluss kam dann immer die Frage nach den Kosten. Und das ist schlimm. An der Realität kommt man nicht vorbei und die ist eben so, dass Nachhaltigkeit ihren Preis hat.
Sie sind für viele ein Vorbild, wie man als Social Entrepreneur erfolgreich sein kann. Welchen Ratschlag würden Sie Jungunternehmer*innen geben, die überlegen ein Social Venture zu gründen?
Wichtig ist, dass man klein anfängt. Die meisten machen den Fehler, dass sie sich in der Gründungsphase mitunter zu sehr mit Zielen beschäftigen, die aber noch weit in der Zukunft liegen. Am Start sind aber andere Dinge wichtiger, denn wer kann wirklich voraussagen, was in einem Jahr passieren wird? Wenn du klein anfängst, haben Fehler auch kaum Auswirkungen und du kannst aus ihnen lernen. Eine Niederlage muss man sich auch eingestehen können. Der beste Skifahrer kann noch so gut trainiert sein, er wird trotzdem einmal aus der Piste fliegen. Und dann muss er halt noch mal rauf zum Start und schauen, dass er bei der gleichen Kurve nicht noch einmal rausfliegt.
Womit sich der Kreis schließt: Wird die Gier nach zu schnellem Wachstum und Erfolg zum Stolperstein?
So ist es. Wenn man klein anfängt, dann muss man auch nicht gleich Kredite aufnehmen, die dich behindern und in eine Drucksituation bringen können. Die Bank sagt „Wir finden die Idee gut, sie haben einen tollen Business Plan, wir geben Ihnen eine Million Euro.“ Dann passieren Fehler, du kommst nicht auf den Markt, es funktioniert nicht so schnell, wie du es dir vorgestellt hast und sollst aber schon die erste Rate vom Kredit zurückzahlen. Dann stehst du vor einem echten Problem.

Was kann hier ein Lösungsansatz sein?
Ich denke, wir müssen den Begriff „Start-up“ neu definieren. Der Begriff klingt zwar cool, aber er suggeriert meiner Meinung auch, dass alles schnell gehen muss. Das kann aber auch kontraproduktiv sein.
Kann in dieser Hinsicht ein Kompetenzzentrum wie der Social Business Hub Styria eine wichtige Unterstützung sein?
Absolut. Erfahrungen und Knowhow sind in der Anfangsphase eines Social Enterprises sehr wichtig und angehende Entrepreneurs, aber auch die, die schon länger im Geschäft sind, können von der Expertise, die der Social Business Hub Styria bietet, und von den Vernetzungsveranstaltungen für das gesamte Ökosystem, sicher profitieren.

Firmen-Info Zotter
Die Zotter Schokolade GmbH wurde 1999 gegründet und hat sich zu einem Kompetenzzentrum für Schokolade entwickelt. Josef Zotter zählt zu den Top 25 der besten Chocolatiers der Welt. Das Familienunternehmen mit Sitz in Bergl gehört zu den nachhaltigsten Unternehmen Österreichs und ist auch EMAS-zertifiziert. Das soziale und ökologische Engagement des Social Enterprises, das rund 220 Mitarbeiter*innen in der Steiermark beschäftigt, wurde schon mehrfach ausgezeichnet. Die Firma ist auch Mitglied bei der World Fair Trade Organization (WFTO), die das Unternehmen als Ganzes nach fairen Richtlinien prüft. Der sterische Vorzeigebetrieb, dessen „Schoko-Laden-Theater“ jährlich rund 160.000 Menschen in der Südoststeiermark lockt, bietet inzwischen rund 500 Artikel an, wobei das Unternehmen seine Schokoladen Bean-to-Bar in reiner Bio-Qualität selbst herstellt. Das Rösten, Mahlen, Walzen und Conchieren wird in kleinen Chargen gemacht und individuell auf den Kakao, der hauptsächlich aus Lateinamerika bezogen wird, abgestimmt.